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Ihr aktueller Aufenthaltsort:  Aktuelles - Kapellenkreuz zum Leben erweckt



Brauersdorf, 17. November 2004:

"Nauholzer Kapellenkreuz aus Dornröschenschlaf erwacht

Pastor Burkhard Schäfer rettete als 15-Jähriger ein Stück Geschichte vor den Flammen



Von Friedrich Lück

Brauersdorf/Nauholz. (17.11.2004) An die alte Kapellenschule aus dem kleinen Dorf Nauholz, das vor 36 Jahren dem Bau der Talsperre weichen musste, können sich vor allem die älteren Nauholzer noch gut erinnern. Schulunterricht hatten sie allerdings nicht mehr im letzten Jahrhundert erlebt, aber ihre Großeltern waren noch in dem kleinen Fachwerkhäuschen zur Schule gegangen.

Getrennt durch einen Glockenturm, auf dessen Spitze das handgeschmiedete Kreuz mit einem Wetterhahn stand, wurde um 1940 der evangelische Teil für einen Dreschschuppen abgerissen. Die Glocke kam unters Gebälk des Schuppens und das Kreuz landete auf dem Dachboden des katholischen Kapellenschulenteils.




Das alte Nauholzer Kreuz ist aus dem Dornröschenschlaf erwacht und soll an der Waldkapelle aufgestellt werden. Unser Bild zeigt v.l: Martin Werthenbach, Otto Bender, Pfarrer Burkhard Schäfer sowie Adolf und Wolfgang Spies.
                                                                              Fotos: Friedrich   Lück


Bevor jedoch Feuer das historische Schülchen in Schutt und Asche legte, stöberte der 15-jährige Burkhard Schäfer aus Deuz auf dem Dachboden das vergessene Kreuz der alten Kapellenschule auf und brachte es in Sicherheit. Jetzt, nach fast vier Jahrzehnten, werden Erinnerungen an 1968 in Nauholz wieder wach. Das mehrere hundert Jahre alte, handgefertigte, schmiedeeiserne Kreuz, erwachte aus einem langen Dornröschenschlaf.




Pfarrer Burkhard Schäfer brachte den vermissten Wetterhahn auf Bitte des Verfassers nach Brauersdorf. Das I-Tüpfelchen auf dem Kreuz und ein schönes Geschenk.
                                Danke, Herr Pfarrer!!!


Die Odyssee - eine lange Reise, ist zu Ende. 20 Jahre lang schlummerte der stumme Zeitzeuge in einem Deuzer Keller von Burkhard Schäfer, der jetzt als Pastor in der Geisweider Talkirche tätig ist. Vor etwa 15 Jahren gab er als Leihgabe das Kreuz an die ev. Kirchengemeinde in Deuz ab, zu der das Dörfchen Nauholz gehörte. Dort lag es – allerdings ohne Wetterhahn - in einem Raum unterhalb der Kirche, bis der frühere Deuzer Pastor Arnold das Kreuz des Kollegen aus der Talkirche weiter reichte: an den Brauersdorfer Glockenverein. Für die war das historische Kreuz ein passendes Geschenk zur Einweihung der Brauersdorfer Waldkapelle.


Das kleine Glöckchen im Dreschschuppen nebenan, hatten die Nauholzer vorher abgenommen. Der frühere Bürgermeister Eberhard Brühl (Daub´s Eberhard) bewahrte sie in seinem neuen Haus in der Waldenburger Straße in Netphen auf. Als Brühls 1974 nach Kanada auswanderten, zog auch die Glocke um und zwar ein paar Häuser weiter in den Heizungskeller des Waldgenossenschaftsvorsitzenden Karl Weber ( Krämer´sch Karl). 1980 fand die Nauholzer Glocke zusammen mit den anderen Glocken aus Brauersdorf und Obernau im Glockenturm in Brauersdorf ein neues Zuhause.


Bei der Übergabe an den Waldkapellen-Vereisvorsitzenden Martin Werthenbach war man zunächst davon ausgegangen, dass das Kreuz von der Obernauer Kapellenschule stammt. Die Redaktion von brauersdorfer.de recherchierte nach und fand heraus, dass es aus Nauholz ist. Ur-Nauholzer Henner Höcker, der jetzt als Lehrer in Essen lebt: „ Nauholz lebt. Wunderschön, dass das alte Kreuz nach so langer Zeit wieder aufgetaucht ist und einen schönen Platz erhalten soll. Das ist ja eine tolle Geschichte. Ich weiß aber nicht mehr genau, wo es gelegen hat. Es ist denkbar, dass es auf dem Dachboden der Kapellenhälfte war. Dieser Raum konnte man vom angebauten Dreschschuppen einsehen. Es war dort allerdings alles schmutzig und baufällig. Wir Jongedenger sind nie auf dem Ollern gewesen.“



Auf dem Leyelchen, in der Nähe der Obernautalsperre, zwischen der Waldkapelle und dem Glockenturm, soll nun das Nauholzer Kreuz einen würdigen Platz erhalten. Martin Werthenbach, Vorsitzender des Waldkapellenvereins hat also wieder eine neue Aufgabe. Er zog die Netphener Schmiedeexperten Hermann und Wolfgang Spies zu Rate, die sich spontan bereit erklärten, das Kreuz zu restaurieren.

Interessant dabei das Urteil der Experten: Ein unsauberer Stahl, der nicht so rostet wie der heutige. Es ist eine hochwertige Schmiedearbeit, die so Adolf Spies, heute keiner mehr bezahlen kann.

Als Pastor Burkhard Schäfer, nach vielen Jahren sein Kreuz wiedersah, war auch eine tiefe Erinnerung an seine Jugendzeit zu spüren: „Ich freue mich dennoch sehr über diesen schönen Platz für das Kreuz, das zugleich auch an die Menschen erinnert, die ihre Heimat im Obernau- und Nauholztal für die Talsperre verloren haben. Es ist mir aber auch ein Anliegen, dass diese hervorragende Handwerksleistung im Original erhalten bleibt“.


Pfarrer verwendete Wetterhahn für den Kindergottesdienst

Ein besonderes Geschenk brachte Pastor Schäfer mit: Den bislang vermissten Wetterhahn. Das gute Stück auf der Sitze des Kreuzes hatte er jahrelang als Objekt für den Kindergottesdienst verwendet. Burkhard Schäfer: „Ein anschauliches Beispiel für jene Menschen, die sich wie der Wetterhahn stets nach dem Wind drehen“.


Die Nauholzer Kapellenschule mit dem Dreschschuppen. Links auf dem Dachboden fand Burkhard Schäfer das Kreuz.


Die alte Kapellenschule mit kath. Teil links und ev. Teil rechts noch vor dem Krieg. In der Mitte auf dem Turm war das Kreuz.



Burkhard Schäfer rettete damals in Nauholz und Obernau noch viele andere Gegenstände vor dem Abbrennen. „Die Bewohner hatten viele, für sie nicht mehr so wertvolle und wichtige Dinge einfach zurückgelassen.“ So erinnert er sich vor allem an das Dörfchen Obernau, wo seine Vorfahren lebten. Urgroßvater Johann-Heinrich Schäfer (1846-1909) hatte im Haus „Hasse“ (Arnold Schmidt) gelebt. Zusammen mit Großvater Wilhem Schäfer besuchte er öfters den kleinen Ort. Mit dem „Bähnchen“ fuhren sie von Deuz nach Netphen. Von dort aus ging es zu Fuß über Brauersdorf nach Obernau.




Das Haus von Urgoßvater Johann Heinrich Schäfer (1848-1909) in Obernau: Haus "Hasse" (Artur Schmidt)



Neben den Urgroßeltern war das Haus von "Däjeses" (Adolf Vitt). Hier fand er u.a. einen Kanonenofen.

Neben Urgroßvaters Haus stand das Gebäude von „Däjeses“ (Vitt) Das kannte Burkhard Schäfer gut. Hier fand er einen Kanonenofen aus Guss und alte Missionsblättchen von 1862, die von Hausversammlungen und Missionsarbeit berichten.

Auch die Haustüre von "Däjeses" rettete er vor dem Feuer. Das Oberteil gab er dem Netphener Heimatverein als Leihgabe ebenso wie einige Ofenplatten. Das Unterteil der Tür und ein altes Joch schmückt wie so viele andere Antiquitäten seine Wohnung hinter der Talkirche.




Ein Andenken aus dem Jahr 1867
an das hl. Sakrament der Buße von Heinrich Büdenbender aus Brauersdorf
fand Burkhard Schäfer.


In der alten Obernauer Kapellenschule entdeckte Burkhard Schäfer mehrere wertvolle Bücher und Aufzeichnungen des Obernauer Wiesenbauschülers Heinrich Vitt aus dem Jahr 1892. Heinrich Vitts handgeschriebene Berechnungen und Zeichnungen wurden vom königlichen Wiesenbaumeister Heinemann aus Siegen beurkundet und benotet.
.



Viele handgeschriebene Bücher mit Aufzeichnungen des Obernauers  Heinrich Vitt aus dem Jahr 1892 wären beinahe verbrannt.


Noch ein Fund: Eine alte Quittung von 1870 über 4 Thaler, 26 Silbergroschen und drei Pfennige. Das leicht vergilbte Papier erinnert an die preußische Währung bis 1874. In feiner Sütterlinschrift ist zu lesen: ...sind mir von dem Landwirth Thomas Büdenbender da hier, für die von mir gekaufte Drubachwiese, Flur 170, 3. Klasse, 9 Ruten und 75 Fuß groß, pro Rute 15 Silbergroschen gezahlt worden, welches hiermit bescheinigt wird. Brauersdorf, 1. September 1870. Thomas Schneider.



1968 hatten die Nauholzer schmerzlichen Abschied von ihrem Schülchen und ihrer Heimat erleben müssen. Viele von ihnen siedelten nach Deuz in das Neubaugebiet und nach Brauersdorf um.


Einmal im Jahr trifft sich aber noch eine lebensfrohe und von Zusammenhalt geprägte Nauholzer Dorfgemeinschaft auf dem „Brämche“: die Waldgenossenschaft. Erinnerungen werden wach. Leidenschaftlich und auch mit viel Wehmut erzählen die älteren Nauholzer von der Heimat.

Wenn dann Hermann Roth aus Brauersdorf sein Akkordeon auspackt und die Musik erklingt, sagt eine Nauholzerin: „Ja, so war das damals. Man saß vor dem Haus und hörte den Melodien zu.“





Folgende Geschichte zum Nauholzer Kapellen-Schülchen mit dem angebauten Dreschschuppen, schickte uns
"Ur-Nauholzer" Henner Höcker. Danke!




Ein Teil der Haustüre von "Däjeses" sowie ein schönes Joch aus Obernau schmücken die Wohnung von Burkhard Schäfer.


,,Rrrruuoommm" - Dräsche

,,Nur bimm Dräsche onn bimm Olwernsööche worne sich die Nauholzer nett einich!"
Dieser Einschätzung von Niklauses Alma muss zugestimmt werden. Es gab nur wenige er-giebige Waldbeerbestände und nur eine Dreschmaschine im Dreschschuppen. Heutige Mäh-drescher waren unerschwinglich und an den steilen Hängen nicht einsetzbar. Das geerntete Getreide trocknete auf den Feldern zu Rittern aufgestellt. Wenn die Garben trocken waren, kam es beim Dreschen in Nauholz zu Kapazitätsproblemen. Kinder durften oder mussten oft bis in den frühen Morgen mitarbeiten. Volle Action!

Durch Los wurde die Reihenfolge festgelegt in der die hoch beladenen Erntefuhrwerke von den Feldern zum Dreschschuppen vorfahren durften. Jede Familie hatte ihre Leute zum Dräsche eingeteilt. Vom Wagen mussten die Getreidegarben per Gabel auf die Maschine geworfen werden. Mit scharfen Messern wurden die Garbengebinde aufgeschnitten und dann in die Maschine eingegeben. Alles unter Höllenlärm und voller Staub. Vorne kamen die gebundenen Strohballen schräg heraus, die dann auf die Wagen der Dreschenden abgeladen und aufgestapelt wurden. Die Ströhwagen wurden umgehend in die heimischen Scheunen entleert und wieder vorgefahren. Die Seilrollen wurden ersetzt - Kornsiebe je nach Getreideart ausgewechselt.

Nonstopp erschallte das ,,Rrrruuoomm" der Maschine durchs Dorf. An der Hinterseite - nach Henneries raus - stand ein Verantwortlicher für das Einsacken der Frucht an Sackaufhängungen und musste mit Schiebern hantieren und kräftig zulangen um die schweren Getreidesäcke auf Seite zu ziehen. Die Spreu-Säcke waren viel leichter; man nutzte das Spreu als Streu in den Ställen oder früher sogar aus Kissen-Inhalt in den Schlafzimmern. Das Getreide landete auf einem glatten Lehmboden ,,omm Ollern": Auf dem Dachboden musste das Getreide gelegentlich umgeschaufelt und gelüftet werden. Außerdem galt es mit Hilfe von Katzen und Fallen gefräßige Mäuse fern zu halten.

Das Nauholzer Getreide wurde als selbst gemahlenes Schrot ans Vieh verfüttert oder beim Nenkersdorfer Müller Friedhelm Weber gemahlen. Das Mehl wurde zu leckerem Backesbrot oder an einen Netphener Bäcker gegen verbilligtes Brot ausgeliefert.

Nicht von ungefähr ist bis heute der Dreschschuppen Mittelpunkt westfälischer Dörfer.



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